Übersetzungstrends 2022

Nach einem weiteren Jahr der Pandemie haben sich Unternehmen, Arbeitnehmer und ganze Bereiche der Gesellschaft digitalen Dienstleistungen und der Remote-Arbeit zugewandt – diese Realität hat sich auch stark auf den Bereich der Übersetzungs- und Sprachdienstleistungen ausgewirkt. Anhand der verfügbaren Daten lassen sich einige für das Jahr 2022 zu erwartende Trends für Technologie, Arbeitsmodelle und Geschäftsansätze bestimmen.

 

Remote-Arbeit wird auch in Zukunft bestehen bleiben

Für viele Branchen war die im Zuge der Pandemie eingeführte Arbeit im Homeoffice ein Novum und brachte bisweilen erhebliche Anpassungsschwierigkeiten mit sich. Interessanterweise sind jedoch professionelle Übersetzer schon lange an dieses Arbeitsmodell gewöhnt. Die Sprachdienstleistungsbranche war bereits beim Aufkommen von COVID-19 für eine solche Situation gerüstet. Für 2022 deutet alles darauf hin, dass sich der neue Arbeitstrend noch verstärken wird, selbst wenn die Beschränkungen aufgrund der vorhersehbaren Zunahme der Impfungen und der Immunität der Weltbevölkerung gelockert werden.

Dies liegt nicht nur daran, dass Remote-Arbeit für professionelle Übersetzer völlig selbstverständlich ist, sondern auch an der Tatsache, dass sich die verwendeten Tools ständig weiterentwickeln. Beispiele hierfür sind die Verbesserung und Stabilisierung von Applikationen für Gruppen-Videogespräche (Zoom, Teams, Skype) und anderen Online-Kollaborationstools wie Trello, Dropbox und Google Drive, die besonders für die Teamarbeit nützlich sind. Viele Unternehmen haben bereits signalisiert, dass sie auch nach der erwarteten Verbesserung der gesundheitlichen Bedingungen an Remote- oder „gemischten“ Modellen festhalten werden, sodass es unwahrscheinlich ist, dass die Arbeitswelt wieder so wird, wie sie einst war.

 

Die maschinelle Übersetzung entwickelt sich weiter

Der Ruf der maschinellen Übersetzung ist aufgrund der ihr inhärenten Beschränkungen immer noch getrübt: Zwar liefert diese Technologie nahezu sofortige (und kosteneffiziente) Übersetzungen, doch sind sie von minderer Qualität und müssen fast immer von Menschenhand nachbearbeitet werden. Genau diese Assoziation hat man unweigerlich, wenn man an Online-Tools wie Google Translate denkt, deren teils konfuse oder sogar komische Ergebnisse virale Memes ausgelöst haben.

Die Realität ist ein wenig komplexer: Dank der Fortschritte im Bereich des maschinellen Lernens und der neuronalen Netze besteht heute ein großer Unterschied zwischen den Anfängen von Google Translate im Jahr 2006 und den im Jahr 2022 verfügbaren Tools. Beim Postediting besteht ein Teil der Arbeit in der Echtzeit-Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine: Professionelle CAT-Softwareanwendungen sind mit Algorithmen und KI-Technologien ausgestattet, die die Ergebnisse ständig verbessern, indem sie Fehler erfassen, den Stil und die Optionen des Übersetzers schrittweise implementieren und Vokabeln und Glossare zusammenstellen.

Das Gleiche gilt für die Online-Anwendungen von Suchmaschinen, die das Feedback von ihren Nutzern zum Einspeisen in ihre Datenbanken sammeln. Die Zukunft der Übersetzungsbranche geht unweigerlich mit maschineller Übersetzung Hand in Hand.

 

Zunehmender Einsatz von Spracherkennung für Übersetzungen

Ein weiterer Bereich, in dem enorme Fortschritte gemacht werden, ist die direkte Übersetzung durch eine direkte Erfassung der menschlichen Sprache. Ein Beispiel hierfür ist das Online-Tool der Cloud Computing-Plattform Azure, eine von Microsoft entwickelte Spracherkennungsanwendung, die die Sprache des Benutzers erfasst, den Ton in Text umwandelt und dann automatisch in eine andere Sprache übersetzt. Ähnliche Technologien werden bereits auf Plattformen wie Youtube zur automatischen Generierung von Untertiteln umgesetzt (wobei das Ergebnis oft unter der Verständlichkeitsschwelle liegt). Die Ergebnisse werden jedoch immer präziser, sodass diese Technologien in der Zukunft beim Übersetzen, Dolmetschen und bei der Untertitelung nicht mehr wegzudenken sein werden.

 

Branchen mit der größten Nachfrage

Die Nachfrage nach medizinischen Fachübersetzern ist in den letzten zwei Jahren aus nahe liegenden Gründen gestiegen. COVID-19 führte nicht nur zu Masseninfektionen: Auch die Zahl der akademischen Veröffentlichungen und der Medieninhalte über das Virus und die Pandemie stieg als Reaktion auf die Besorgnis der Öffentlichkeit und den Kommunikationsbedarf zwischen Wissenschaftlern weltweit.

Die Nachfrage nach medizinischen Übersetzungen ist seit jeher hoch, und auch im Jahr 2022 wird diese Spezialisierung weiter wachsen, insbesondere durch die rasche Expansion der COVID-19-Variante Omikron.

Bei Fachübersetzungen im Bereich Handel und Wirtschaft wird die Implementierung neuer Techniken und Inhaltsarten unumgänglich sein. Lokalisierung wird vor dem Hintergrund, dass Unternehmen zunehmend global agieren müssen, immer wichtiger werden. Dies bedeutet, dass die Investition in Dienstleistungen wie Dolmetschen für Video-Meetings und -Konferenzen, die Lokalisierung von Websites und Software sowie die Übersetzung und Anpassung von Werbematerialien für verschiedene Sprachen und unterschiedliche Märkte unabdingbar wird.

Im Unterhaltungssektor ist davon auszugehen, dass das Wachstum der Streaming-Plattformen weltweit anhalten und folglich zu einer steigenden Nachfrage nach Untertitelungs- und Synchronisierungsdiensten für Filme und Serien führen wird. Das Gleiche gilt für den Markt der Videospiele, der sich mehr und mehr auf das Internet und Online-Modelle stützt und somit ebenfalls einen erhöhten Bedarf an spezialisierten Lokalisierungsdienstleistungen in diesem Bereich zur Folge haben wird.

Zu guter Letzt haben die zwei Jahre der Pandemie ein noch nie da gewesenes Wachstum des E-Learning-Sektors bewirkt: Für Online-Bildungsplattformen wird eine große Anzahl von Übersetzern benötigt, damit Fachleute aus aller Welt ihre Ausbildung in einem von Lockdowns und Beschränkungen bestimmten Umfeld beginnen oder fortsetzen können.

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