Leichte Sprache für die Gleichstellung
Amtsdeutsch stellt viele Menschen in Deutschland vor große Herausforderungen. Für Menschen mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche, einer geistigen Behinderung, einer beginnenden Demenz und für Ausländer, die wenig Deutsch verstehen, ist es schlicht unüberwindbar.
„Leichte Sprache” soll hier Gleichstellung schaffen. Bundesbehörden sollen ihre Informationen künftig in "Leichter Sprache" bereitstellen. Ab 2018 sollen sie ihre Bescheide in "Leichter Sprache" erläutern, wenn dies verlangt wird.
Die „Leichte Sprache“ ist ein schriftliches Kommunikationssystem mit eigenen Regeln, eigenen Übersetzern, eigenem Schrifttum. Eine linguistische Welt für sich, die sich gerade mit beachtlichem Tempo etabliert. Verboten sind lange Sätze, Passivkonstruktionen, Negationen, der Konjunktiv. Die Satzstruktur soll einfach sein, Nebensätze dürfen nur ausnahmsweise vorkommen, aber nie eingeschoben sein.
Ein Beispiel aus der Erbrechtsbroschüre des Justizministeriums Hannover macht den Unterschied deutlich.
Im Original heißt es in einem Konstrukt aus Konjunktiv und Negation „Hätte zwischen der Erblasserin und ihrem Mann keine Ehe bestanden, sondern eine nichteheliche Lebensgemeinschaft, so hätte der Mann nichts geerbt.“.
In der Broschüre in leichter Sprache, die nach wenigen Monaten vergriffen war, heißt es einfach nur „Jürgen ist Alleinerbe.“.
„Leichte-Sprache-Übersetzung ist keine leichte Sache. Schwierige Sachverhalte mit extrem reduzierten sprachlichen Mitteln zu vertexten, ist eine große Herausforderung für die Übersetzerinnen und Übersetzer“, sagt die Sprachwissenschaftlerin Christiane Maaß, Gründerin und Leiterin der Forschungsstelle für Leichte Sprache an der Uni Hildesheim. Man kann es als eine ganz neue Ebene der Übersetzung sehen, denn während das Italienische für fast jedes deutsche Wort ein Pendant hat, müssen Leichte-Sprache-Übersetzer, bewaffnet mit Duden und Synonymwörterbuch, oft von Neuem überlegen, wie man einen abstrakten Begriff umschifft.
Für Lesegeübte ist die starke Vereinfachung möglicherweise ein Schock. Für Menschen, die normalerweise erst gar nicht hinsehen, wenn sie auf etwas Gedrucktes stoßen, kann „Leichte Sprache“ dagegen eine Erleuchtung sein!
Quellen: http://www.zeit.de/2014/06/leichte-sprache-deutsch, https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2016/01/2016-01-13-behindertengleichstellung.html, http://www.tagesspiegel.de/wissen/leichte-sprache-sags-einfach/19333834.html, http://www.tagesspiegel.de/wissen/sprachwissenschaft-behoerdisch-deutsch-deutsch-behoerdisch/9729130.html