Immer noch am Internationalen Übersetzungstag

Am vergangenen 30. September war erneut der Internationale Tag des Übersetzens, der nicht nur zu Ehren der Übersetzer, sondern auch der Lektoren, Formatierer und Layouter und der Projektmanager gefeiert werden sollte! Ein Hoch auch auf die unzähligen Tassen Tee oder Kaffee, die uns bei dem einen oder anderen besonders herausfordernden Projekt wachgehalten haben. Im deutschsprachigen Raum wird der Internationale Übersetzertag auch Hieronymustag genannt, da er auf den Heiligen Hieronymus, den Schutzheiligen der Übersetzer, zurückgeht.

Hieronymus, mit Vornamen Eusebius (auf Portugiesisch Eusébio, so wie der ehemalige portugiesische Fußballstar), wurde durch seine Übersetzung der Bibel ins Lateinische, die sogenannte Vulgata, bekannt. So wie einst die schöne Helena von Troja 1000 Schiffe zum Auslaufen gebracht hat, so haben die Beiträge des Heiligen Hieronymus zum Übersetzen endlose Diskussionen ausgelöst, die bis heute andauern. Im vorangegangenen Artikel (Link zum Artikel) haben wir bereits eine Grundsatzdiskussion beleuchtet, als wir die Ansätze des wörtlichen Übersetzens und des sinngemäßen Übersetzens gegenübergestellt haben.

Hieronymus war noch ein Pionier des Übersetzens von Kalauern. Oder der doppelsinnigen Interpretation. In den ersten Schriftfassungen der Bibel gibt es keine Bezüge auf die Symbolik des Apfels, dort wird die Frucht mit dem Begriff Peri beschrieben – eine allgemeine Bezeichnung für Früchte, die auf Bäumen wachsen, von Weintrauben bis hin zu Feigen oder Granatäpfeln. Für Hieronymus standen die Sterne an diesem Tag besonders günstig und ihm gelang etwas, wozu ein Programm der maschinellen Übersetzung (Link zum Artikel) niemals fähig wäre: Interpretieren und doppeldeutiges Übersetzen. Hieronymus wählte die Übersetzung Malus, was zugleich „böse“ oder „schlecht“ und „Apfel“ bedeutet (Malus ist die offizielle lateinische Bezeichnung für die Pflanzengattung der Äpfel). Von diesem Moment an füllte sich der Baum des Wissens mit Äpfeln, und dies hatte sogar Auswirkungen auf unsere volkstümliche Kultur, so ist es zum Beispiel viel symbolträchtiger, dass Schneewittchen einen vergifteten Apfel isst als vergiftete Weintrauben.

Der Visionarismus unseres Schutzpatrons zeigte sich nicht nur bei der Übersetzung der Bibel, sondern betraf auch die Art und Weise, wie die Gesellschaft den Übersetzer als Individuum wahrnimmt. Um das zu verdeutlichen: In den künstlerischen Darstellungen von Hieronymus sieht man diesen häufig in Begleitung eines Löwen unterschiedlicher Größe (in Anlehnung an die Legende, nach der Hieronymus die Pfote eines verletzten Löwen geheilt hat), als wenn er schon geahnt hätte, dass Katzen die besten Gefährten eines Übersetzers sind, wenn sie eingerollt auf dem Schreibtisch liegen oder Aufmerksamkeit haben wollen. In anderen Darstellungen erscheint der Heilige als Sinnbild der Zweiseitigkeit des Übersetzerberufes, indem er einerseits schön bekleidet, gut situiert und gelassen dargestellt wird oder sich irgendwo in der Wüste befindet und sorgenvoll auf einem Felsen kauert wie jemand, der seine Arbeit jeden Moment liefern muss und die Qualitätsprüfung noch nicht abgeschlossen hat. Immer aber ist er von Büchern umgeben und voller Wissen und Weisheit, denn wie heißt es doch, der Übersetzer kann vielleicht eine Brücke nicht selbst bauen, versteht aber, wie man eine Brücke baut.

Stimmt das? Vielleicht schon, aber das sind amüsante Details unserer Geschichte und unseres Berufs, die uns schmunzeln lassen und uns dazu anspornen, noch mehr zu machen und es noch besser zu machen. Wir sind keine Heiligen und wir können auch keine Wunder vollbringen, aber unsere Projektmanagement- und Übersetzerteams engagieren sich täglich gemeinsam dafür, dass Sie vollauf zufrieden sein können – sie tun alles Mögliche und sogar Unmögliche, damit dieser ehrwürdige Tag niemals aus den Kalendern verschwindet.

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